ASF goes „Coppa del Mondo"
Als feststand, dass die WM 2025 in Rom stattfinden wird, begann die Ortsgruppe Rom der Altstadtfreunde, bestehend aus Sven und Petra, mit den Planungen und Vorbereitungen zu einem WM-Beiprogramm. Heraus kam ein sensationell vielfältiges Angebot, das in touristischer, kultureller, sportlicher und kulinarischer Hinsicht keine Wünsche offen ließ.
Eine neunköpfige Delegation aus Bonn (Werner, Gabriele, Guntram, Marita, Hans-Heinrich, Michael, Claudia, Claudia, Stephan) sowie Claus aus Hamburg konnten sich das nicht entgehen lassen und reisten nach Rom. Zusammen mit Sven und Petra also ein Dutzend deutsche Boule-Verrückte, welche gemeinsam eine schöne Zeit haben und die Stars der Boule-Szene aus der Nähe bewundern wollten.
Samstag, 13.09.2025
Erstes Abendessen im Ai Fienaroli, einem kleinen Restaurant in der Nähe des WM-Spielortes. Essen, Wein und Stimmung sind gut. Nur das Tiramisu destrutturato ist sehr enttäuschend.
Sonntag, 14.09.2025
Der Sonntag beginnt mit Kultur. In dem riesigen Park namens Villa Borghese, in dem die WM stattfindet, steht ein ebenfalls riesiges Herrenhaus, das aber nicht "Villa", sondern "Galleria Borghese" heißt.
Dort besichtigen wir die überaus beeindruckende Sammlung von Bildern und Skulpturen berühmter italienischer Künstler wie Bernini, Raffael oder Reni.
Danach spazieren wir zum WM-Gelände und machen im Schatten Mittagspause. Nachmittags werfen wir die ersten Kugeln in der Villa Borghese.
Abends wandern wir durch die Villa Borghese ...
... über die Piazza del Popolo ...
... bis zur Piazza Navona, in deren Nähe wir dann alle zusammen zu Abend essen.
Montag, 15.09.202
Montagmittag treffen wir uns am Strand in Ostia und kühlen unsere von der italienischen Spätsommerhitze maltraitierten Leiber im Meer. Oh die Wohltat! Wer nicht ins Wasser will oder kann, labt sich derweil an Eis und Cappucino.
Anschließend laden Sven und Petra die ganze Bagage zum Grillabend bei sich zu Hause ein. Sehr lecker und sehr schöner Abend!
Dienstag, 16.09.2025
Zum Verbrennen der am Vorabend angefutterten Kalorien wird eine geführte E-Bike-Tour absolviert. Da die meisten von uns Kolosseum etc. schon kennen, haben wir uns für eine Tour ins Grüne entschieden.
Unser Guide Oscar (ein sehr sympathischer Spanier, der sehr gut deutsch spricht) erklärt uns anfangs grob den Ablauf der Tour.
Nach einigen kurzen Stopps im Stadtgebiet bei verschiedenen Sehenswürdigkeiten geht es dann auf der Via Appia Antica heraus aus Rom in Richtung Castel Gandolfo. Ist ein krasses Gefühl, auf einer über 2.000 Jahre alten Straße zu fahren und sich vorzustellen, wie hier früher römische Legionäre und Händler entlang gingen und fuhren.
Nach der Mittagspause geht es dann durch große Parks entlang von Aquädukten und Stadtmauern zurück in die City.
Am Ende der rund 27 km langen Tour sind wir wegen der Hitze (trotz E-Bikes) alle erschöpft, aber glücklich.
Um 18 Uhr treffen wir uns bei Tiziana zur Weinprobe wieder. Sie ist die Weinhändlerin des Vertrauens von Sven und Petra und wir können bestätigen, dass die Weine dort sehr lecker sind.
Anschließend geht es zur Piazza di Porta Maggiore zum Abendessen bei Lucca. Der Verkehr dort ist aufgrund einer Demo total zusammengebrochen und noch chaotischer und lauter als sonst. Das tut unserer Stimmung aber keinen Abbruch. Wir (d.h. alle außer Sven und Petra) machen einen Anfängerfehler und essen uns schon an der Vorspeise satt. Da wir die anschließenden Gänge aber natürlich nicht zurückgehen lassen wollen, artet das Ganze in eine ziemliche Völlerei aus. Da müssen wir morgen eigentlich wieder eine Fahrradtour machen.
Mittwoch, 17.09.2025
Wir treffen uns um 12 Uhr im Süden von Rom mit Sven und Petra, die uns in ihre zwei Autos hineinpacken und mit uns an den Lago Bracciano fahren. Nach ca. 45 Minuten kommen wir am See an und bewundern das sehr malerische Panorama. Wir spazieren durch das äußerst pittoreske Städtchen Anguillara und wundern uns, warum hier außer uns keine Touristen sind. Wirklich absolut sehenswert!
Am Nachmittag geht es dann weiter nach Ceri, einem Örtchen bei Rom, in dem es einen Bouleverein gibt, bei dem Sven und Petra Mitglied sind. Die beiden hatten mit dem Bouleclub Ceri ein Länderspiel Italien vs. Deutschland mit anschließendem gemeinsamen Abendessen verabredet.
Das Länderspiel gewann Italien hauchdünn mit 6:2. Das Abendessen endete unentschieden.
Donnerstag, 18.09.2025
Erster WM-Tag. In allen fünf Diszplinen (Doublette Männer, Doublette Frauen, Doublette Mixed, TaT Männer, TaT Frauen) werden die ersten beiden Runden Schweizer System gespielt. Der Spieltag zieht sich von morgens acht Uhr bis abends halb zwölf hin. Davon mehr als 12 Stunden in der prallen Sonne. Eine Tortur für Spieler*innen und Betreuer*innen, für die es während der Spiele keinerlei Zufluchtsmöglichkeiten in den Schatten und auch kaum Sitzgelegenheiten gibt.
Der Boden ist zum Großteil eine Kiesgrube, die ein vernünftiges bzw. variantenreiches Boulespielen kaum erlaubt. Portee kurz vor die Sau - platsch - das war's.
Kurzzeitig wird das Gerücht gestreut, die Stadt Bonn wolle den überschüssigen Kies abtragen und zum Alten Zoll bringen. Daraus wird jedoch nichts, vermutlich, weil zunächst noch Bodenproben hätten genommen werden müssen, was wiederum per Vergabeverfahren hätte ausgeschrieben werden müssen, was wiederum zunächst noch vom Finanzausschuss hätte bewilligt werden müssen und überhaupt hätte die ganze Angelegenheit noch mit 27 zu beteiligenden Ämtern abgestimmt werden müssen ...
Auf dem Center Court ist der Boden besser hergerichtet und so lohnt sich das Zuschauen hier mehr. Darüber hinaus gibt es hier Sitzplätze und ab Nachmittags sogar etwas Schatten.
Die ASF-Expertenbank verfolgt das Spiel Belgien vs. Italien interessiert.
Beim Gang über die Anlage entdecke ich die beiden Marcels (Bio und Gbetable) aus Benin, die 2023 Vizeweltmeister wurden. Ich wünsche ihnen viel Glück, worauf sie mir mitteilen, dass sie gar nicht mitspielen dürfen, weil Benin keine Spielerinnen entsandt hat und man nur als vollständiges 4-köpfiges Team antreten darf. Der Grund, weshalb keine Spielerinnen aus Benin in Italien sind, bleibt unklar. Sehr schade für die beiden.
Während des Gesprächs gesellen sich noch zwei Menschen aus Burkina Faso zu uns. Wir erzählen ihnen von unseren Freunden Daouda und Adama aus Burkina Faso, die jetzt in Deutschland leben. Der Ältere namens Issaka kennt Adama! Wie klein die Welt doch ist.
Freitag, 19.09.2025
Zweiter WM-Tag. Es stehen in allen fünf Disziplinen die entscheidenden beiden Runden Schweizer System an, um sich für die Achtelfinals zu qualifizieren. Noch so ein extrem langer und anstrengender Spieltag. Wir sind froh, dass wir hier nur zuschauen und nicht spielen müssen.
Wieder gibt es ein Länderspiel Italien vs. Deutschland. Und wieder geht der Sieg an Italien.
Das deutsche Doublette verliert danach auch noch gegen Palau und scheidet aus. Palau ist ein Inselstaat im Pazifik mit 17.000 Einwohnern, der sich mit Frederic Baur einen ehemaligen französischen Meister eingekauft hat. Kann man machen, hat aber mit der Idee einer Weltmeisterschaft nicht viel zu tun.
Samstag, 20.09.2025
Dritter WM-Tag. Es stehen die Achtel-, Viertel- und Halbfinalspiele auf dem Programm. Leider schafft nur das deutsche Doublette Mixed die Qualifikation für das Achtelfinale, scheidet dort dann aber sang- und klanglos gegen Frankreich aus. Nach dem Sensationserfolg des deutschen Triplettes bei der Europameisterschaft wird Deutschland bei diesen Weltmeisterschaften ziemlich brutal wieder auf den Teppich geholt.
Die Titelverteidiger Dylan Rocher / Christophe Sarrio verlieren schon im Achtelfinale (gegen Madagascar) und sind entsprechend frustriert.
Abends geht es ins Szene-Viertel von Rom, wo wir uns unter das junge Volk mischen und dabei kaum auffallen.
Sonntag, 21.09.2025
Finale - ole ole! Und zwar nicht nur eins, sondern gleich fünf WM-Finals an einem Tag. Eine harte Belastungsprobe für unsere empfindlichen Hintern auf den unbequemen Plastiksitzen. Petra und Michael halten den Sitzmarathon am längsten durch und werden dafür vom italienischen Fernsehen belohnt und wiederholt im Bild gezeigt.
Der beste Spieler dieser WM, Diego Rizzi, wird vollkommen zu Recht TaT-Weltmeister:
Claudia angelt sich ein Photo mit Diego und ist im siebten Himmel.
Drei von fünf Titeln gehen an Thailand, einer an Italien, einer an Madagascar. Frankreich steht zwar dreimal im Finale, geht aber jeweils als Verlierer vom Platz.
WM-Fazit:
Aus spielerischer Sicht ist zunächst festzuhalten, dass die Bäume für die Deutschen weiterhin nicht in den Himmel wachsen. Der Triumph bei der Europameisterschaft bleibt wahrscheinlich auf absehbare Zeit ein singuläres Ereignis. Etliche andere Nationen haben einen wesentlich stärkeren Eindruck hinterlassen als das deutsche Team. Das gilt nicht nur für die klassischen Favoritenländer wie Frankreich, Madagascar, Thailand oder Italien. Auch Spanien, Holland, Schweiz und sogar Israel und Palau haben richtig starke Leistungen gezeigt, mit denen "wir" nicht mithalten konnten. Insgesamt ist das Niveau viel höher als zu "meiner" Zeit.
Weiterhin ist klar geworden, dass Frankreich seinen Status als das Maß aller Dinge verloren hat. Trotz dreier Finalteilnahmen hat das französische Team nicht wirklich überzeugt, geschweige denn "gezaubert". Die neue Nummer 1 im Boule ist eindeutig Thailand. Die drei thailändischen WM-Titel wurden derartig souverän errungen, dass man nur staunen und den Hut ziehen konnte. Alle vier thailändischen Spieler*innen fahren mit mindestens einem WM-Titel nach Hause.
In organisatorischer Hinsicht gab es leider einiges zu bemängeln: keine Sonnenschirme am Spielfeldrand, unter denen sich die Spieler*innen und Betreuer*innen vor der prallen Sonne schützen konnten. Bis auf zwei Wasserspender, von denen dann einer auch noch kaputt ging, keine Versorgung mit Getränken für Zuschauer. Zu essen gab es für die Zuschauer gar nichts. Die Spieler*innen und Betreuer*innen bekamen Getränke nur während der Mahlzeiten. Die Teams mussten die nahegelegenen Supermärkte leerkaufen, um nicht an Dehydration und Überhitzung einzugehen. Der Boden war größtenteils katastrophal hergerichtet. Der Shuttle-Betrieb zwischen Hotel und WM-Gelände funktionierte laut Aussagen der deutschen Delegation nicht zuverlässig, so dass man einmal auf ein Taxi umsteigen musste, um rechtzeitig zu Spielbeginn vor Ort zu sein. Für circa 600 Menschen (Spieler, Betreuer, Organisation, Zuschauer) gab es sage und schreibe 6 Dixie-Klos und keine Möglichkeit, sich nach dem Klogang die Hände zu waschen.
Das Beste an der Reise waren die vielen schönen gemeinsamen Erlebnisse vor der WM, die Sven und Petra für uns geplant und organisiert hatten. Nochmal im Namen der ganzen Gruppe tausend Dank für Eure Initiative und die unglaubliche Mühe, die ihr hier investiert habt, um uns eine schöne Zeit zu bereiten!!!! Ich hoffe, es war auch für Euch nicht nur Last, sondern auch Freude, die Tage mit uns zu verbringen.
Euer Harry Hirsch